„Stell Dir vor, es ist Jahreshauptversammlung und keiner geht hin.“

(eine ganz persönliche Nachbetrachtung zur JHV 2012 von J. Vater)

Hallo liebe Mitglieder,

seit nunmehr fünf Jahren bin ich Euer Kassenwart. Als ein Rädchen von vielen habe ich im Verbund mit anderen für den TSV gearbeitet. Diese „Mannschaftsleistung“ war erfolgreich, wenn man die entgegen dem allgemeinen Vereinstrend positiv verlaufene Entwicklung des TSV in den letzten Jahren als Maßstab nimmt. Diese Entwicklung ist für uns alle Dank genug für so manches zeitliche und finanzielle Opfer, das bei einem solchen Hobby unvermeidlich ist. Nein, Dank erwarten wir von Euch, liebe Mitglieder, dafür nicht. Ein bisschen Respekt vor unserer Arbeit und mehr Interesse am Verein und seinem Vereinsleben reicht uns. Dass hier der Wunsch Vater des Gedankens war, habt Ihr mir auf bittere Art und Weise erst in jüngster Zeit aufgezeigt und mich wieder auf den Boden der Tatsachen geholt. Zum ersten Mal in meiner Zeit als „Funktionär“ wurde mir bewusst, dass meine Entscheidung, im TSV mitzuarbeiten, wohl zu den weniger guten in meinem Leben zählen dürfte.

Am Freitag, den 24. Februar diesen Jahres, gab es eine Gelegenheit, den Ehrenamtlichen für ihre Arbeit eben diesen Respekt zu zollen. Da fand nämlich die diesjährige Jahreshauptversammlung (JHV) statt, und ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bei den Mitgliedern bedanken, die an diesem Abend den Weg in die kleine Sporthalle in Over gefunden haben. Viele waren es nicht.

Ich möchte hier nicht weiter auf die satzungsmäßige Bedeutung einer JHV eingehen. Nur so viel sei gesagt: Auf einer JHV wird Bilanz gezogen und die Arbeit des Vorstandes bewertet, stellvertretend für alle anderen Funktionsträger. Mit seinem Votum zu den Tagesordnungspunkten „Entlastung des Vorstandes“ und „Wahlen“ verleiht das erschienene Mitglied seiner diesbezüglich getroffenen Meinung Ausdruck. Auch möchte ich erwähnen, dass die JHV des TSV nur einmal im Jahr stattfindet und mit einer durchschnittlichen Dauer von 2 ½ Stunden wohl kaum ein zeitliches Problem für die meisten Mitglieder darstellen dürfte.

Der Besuch der JHV war dürftig, sehr dürftig sogar. Wenn man einer Jahreshauptversammlung fern bleibt, kann das sehr wohl gute Gründe haben: Krankheit, Arbeit, Urlaub, Omas  80. Geburtstag und viele mehr. Das ist ok und akzeptiert. Auch ich habe während meiner bis dato 55 Jahre währenden Mitgliedschaft nicht alle JHV mitmachen können. Trotzdem erklärt das nur zum Teil, warum so erschreckend wenige Mitglieder kamen. Wenn man die Teilnehmerzahl als Wertmaßstab für Euer Interesse am Verein und der Wertschätzung der Arbeit der Ehrenamtlichen betrachtet, kann es nur eine Schlussfolgerung geben:

Der Verein und die dort geleistete Arbeit interessieren Euch nicht, absolut nicht!!!

An Begründungen für diese These fehlt es mir nicht:

  • Von z.Z. 840 Mitgliedern des TSV waren 48 erschienen. Das sind 5,7 %.
  • Der Block der sog. „freien“ stimmberechtigten Mitglieder – das sind solche, die weder Amt (Vorstand, Abteilungsleiter usw.) noch sonstige Funktion haben, keine Ehrenmitglieder sind und auch nicht zur Ehrung anstehen – umfasst z.Z. rd. 500 Personen. Von diesen sind lt. Anwesenheitsliste tatsächlich nur 16 gekommen. Das entspricht einer Teilnehmerquote von sage und schreibe 3,2 %.
  • Außerdem war die JHV nicht die einzige Versammlung mit schlechter Beteiligung. Allein 5 Abteilungen haben in diesem Jahr schon über das miserable Mitgliederinteresse an ihren Jahresversammlungen geklagt. Es ist also kein einmaliger Ausrutscher, sondern Trend im TSV!
  • Peinlich verliefen für mich auch die Ehrungen für 10 und 25jährige Mitgliedschaft. Nur 5 von 22 eingeladenen Mitgliedern waren da.

Ein derart geringes Interesse am Verein, eine dermaßen geringe Wertschätzung und eine solche Respektlosigkeit gegenüber den Funktionsträgern und ihrer ehrenamtlichen Arbeit habe ich nicht erwartet. Ich glaubte immer, unser TSV würde sich in dieser Beziehung wohltuend von anderen Vereinen abheben, aber denkste. Das war wie ein Schlag ins Gesicht und beschämte mich sehr!

Auf  der JHV ist der Vorstand zwar von 40 Mitgliedern – die 8 Vorstandsmitglieder haben sich bei diesem TOP enthalten – ohne Gegenstimme entlastet worden, aber auch hier möchte ich relativieren:

Der Vorstand wurde zwar rechtskräftig, aber nur von  8 % der insgesamt im Verein vorhandenen rd. 600 stimmberechtigten Mitgliedern entlastet. Das bedeutet im Umkehrschluss:  Die restlichen 92 % haben uns die Entlastung verweigert!  Daraus Motivation für die restliche Amtsperiode zu ziehen, fällt mir verdammt schwer. Eine weitere Amtszeit ab 2013 dürfte es für mich daher nicht geben.

Hallo, liebe Leute, so geht das nicht! Denkt mal drüber nach, wie Ihr künftig mit diesem Problem umgehen wollt. Wenn das so bleibt oder sich gar noch verstärkt, wird bestimmt so mancher Ehrenamtliche es sich dreimal überlegen, ob er sich ein Amt im Verein antun will. Warum sollte er das auch? Bei einer solchen Resonanz? Und wenn keiner mehr will, was macht Ihr dann??? Und schon sind wir bei einem Thema, das in seinen schlimmsten Auswirkungen für den Verein künftig von existenzieller Bedeutung sein wird, nämlich

die fehlende Bereitschaft, ein Amt in Verein zu übernehmen!!!

Auf der diesjährigen JHV konnte mangels Kandidaten kein 1. Vorsitzender gewählt werden. Das war der vorläufige Höhepunkt eines Trends, der sich seit Jahren angedeutet hat. Keiner will mehr ein Ehrenamt übernehmen. Dabei sind die Ehrenamtlichen die Eckpfeiler unserer Vereinsstruktur und unverzichtbar für den Verein. Ohne sie wäre dieses vielfältige, attraktive und kostengünstige Sport- und Freizeitangebot hier vor Ort für Euch und Eure Kinder kaum möglich. Sicher hat es auch in der Vergangenheit mal Besetzungsprobleme gegeben, für die letztlich aber immer eine Lösung gefunden wurde. Doch diesmal liegt die Sache anders. Es droht Gefahr für den TSV, nach meiner Meinung sogar sehr große Gefahr. Wenn jetzt jemand meint, das wäre aus der Luft gegriffen oder pure Schwarzmalerei eines Pessimisten und alles ist gut, dem möchte ich das Studium der folgenden Zeilen ans Herz legen, denn ich befasse mich mit der Frage, was passiert, wenn bei diesem Thema nichts passiert.

Wir reihen uns nun ein in die Phalanx der Vereine, denen es ebenso geht, wie z.B. dem TSV Stelle und dem TSV Eintracht Hittfeld. Allerdings sind die Auswirkungen bei uns zurzeit noch nicht so dramatisch wie dort, denn wir haben nach wie vor einen handlungsfähigen geschäftsführenden Vorstand. Da wir uns im Vorstand als Team verstehen und auch so handeln, werden die bisherigen Aufgaben des 1. Vorsitzenden auf die verbliebenen Vorstandsmitglieder verteilt. Außer der Tatsache, dass diese nun einer zusätzlichen Belastung ausgesetzt sind, bleibt die Nichtbesetzung für die TSV-Mitglieder ohne Auswirkung. Zurzeit wird notariell geprüft, ob diese Regelung satzungskonform ist. Es dürfte aber wohl allen klar sein, dass dies nur eine Übergangslösung sein kann und spätestens bei der Jahreshauptversammlung 2013 eine endgültige Lösung gefunden werden muss. Natürlich wird sich auch der Vorstand mit der Situation beschäftigen und analysieren, was falsch gelaufen ist oder man hätte besser machen können. Die Suche nach Kandidaten für die Vorstandsarbeit wird  mit Sicherheit intensiviert werden müssen. Bei allem Bemühen des Vorstandes steht eines schon fest:

Ohne Eure Beteiligung und Euer Engagement werden wir unsere Probleme nicht lösen!

Und wenn Ihr Eure bisherige diesbezügliche Zurückhaltung nicht aufgebt und eine Mitarbeit weiterhin verweigert, wird unser TSV keine dauerhafte Überlebenschance haben!

Um diese Aussage zu untermauern, möchte ich drei durchaus reale Gefahren für den TSV näher beleuchten und erläutern:

Stichwort „Belastungsgrenze“

Die derzeitige Lösung, die Arbeit des 1. Vorsitzenden auf die verbliebenen Vorstandsmitglieder zu verteilen, führt natürlich zu einer Mehrbelastung eben dieser Leute, die bereits heute schon eine hohe, teilweise sogar unvertretbar hohe Einsatzbereitschaft zeigen. Da noch draufzusatteln, kann nicht der Weg sein, denn dann ist die Belastungsgrenze sehr bald erreicht, insbesondere, wenn künftig noch weitere Mitglieder ausfallen sollten und nicht ersetzt werden können. Das Ende einer solchen Entwicklung ist vorprogrammiert: Kein Vorstand bedeutet gleichzeitig kein Verein! 

Stichwort „Leistungsbezahlung“

Sicher wird jetzt manch einer sagen, dem Verein geht es doch finanziell gut, dann kann er doch auch die erforderliche Arbeitsleistung bezahlen. Auf den ersten Blick ein guter Vorschlag, auf den zweiten sieht es aber so aus:

  • Die Satzung und die Gemeinnützigkeitsregelungen sehen eine ehrenamtlich und unentgeltlich arbeitende Vereinsführung zwingend vor. Weitere Einzelheiten dazu siehe unter Punkt „geschäftsführender Vorstand“. Mit der Einstellung und Bezahlung von Arbeitnehmern ist das Problem keineswegs vom Tisch, da es auch weiterhin diesen ehrenamtlich agierenden geschäftsführenden Vorstand geben muss mit entsprechender Verantwortung und damit verbundenem Arbeitsaufwand.
  • Ich sehe größte Schwierigkeiten, eine Grenze zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Arbeit zu ziehen, denn ich kann mir nur schwerlich vorstellen, dass jemand bereit ist, ehrenamtlich und unentgeltlich zu arbeiten, wenn vergleichbare Tätigkeiten im Verein bezahlt werden. Das hätte in der Praxis mit Sicherheit zur Folge, dass der Trend  eindeutig Richtung Entlohnung gehen würde. Aufgrund der Vielzahl unserer Ehrenamtlichen wäre der finanzielle Aufwand sehr hoch. Irgendwann so hoch, dass die finanziellen Möglichkeiten des Vereins überfordert sind. Hier setzt dann eine teuflische Abwärtsspirale ein: Der Verein braucht trotz Sparanstrengungen Geld und erhöht die Beiträge mit der Folge, dass einige  Mitglieder austreten. Deshalb fehlt wieder Geld und neben Einschränkungen beim Sportangebot muss weiter an der Beitragsschraube gedreht werden. In der Folge treten Mitglieder vermehrt aus und das Spiel beginnt erneut. Am Ende dieser Kette steht der finanzielle Kollaps des Vereins!
  • Nur ein Hinweis: Auch vom Gericht bestellte kommissarische Vorstände sind nicht kostenfrei.

Stichwort „geschäftsführender Vorstand“

Im TSV gehören lt. Satzung der 1. Vorsitzende, das Vorstandsmitglied für Öffentlichkeitsarbeit und das Vorstandsmitglied für Steuern und Finanzen dem sog. „geschäftsführenden Vorstand“ an. Jeweils zwei von ihnen vertreten den Verein rechtskräftig in geschäftlichen Dingen. Einer allein reicht für eine rechtsverbindliche Handlung nicht aus, d.h. in einem solchen Falle ist der Verein handlungsunfähig! Was das bedeutet und wie schnell diese Situation eintreten kann, haben die meisten von Euch sicher in der Zeitung im Bericht über den TSV Eintracht Hittfeld gelesen, dem genau dieses widerfahren ist. In der Folge wird eine außerordentliche JHV einberufen, auf der das Problem gelöst werden soll. Falls nicht, droht die Vereinsauflösung. So liefe es auch bei uns im TSV ab! Und der Fall könnte schon im nächsten Jahr eintreten!

Ich hoffe sehr, dass ich mit meinen Ausführungen ein wenig dazu beigetragen habe, die Situation, in der sich unser TSV derzeit befindet, besser zu verstehen. Vielleicht sieht der eine oder andere das Ehrenamt nun in einem anderen Licht und ist zur Mitarbeit bereit. Das würde uns alle freuen!

Natürlich wissen wir im Vorstand, dass in den meisten Fällen Zeitmangel der Grund für die Ablehnung eines Ehrenamtes ist. Beruf, Familie usw. gehen nun einmal vor. Auch sind manche schon in anderen Vereinen und Institutionen ehrenamtlich tätig. Daraus haben wir im TSV-Vorstand Konsequenzen gezogen. Zum einen pflegen wir Teamwork, was ich ein paar Zeilen zuvor schon angesprochen habe, zum anderen haben wir zur Bewältigung der Ressortarbeiten die satzungsmäßige Möglichkeit der Ausschussbildung mit dem Ziel der Arbeitsteilung. Leider können dies aus den verschiedensten Gründen bisher noch nicht alle Vorstandsmitglieder nutzen. Die Einführung für alle Bereiche ist aber vorgesehen. Für die Überarbeitung komplexer Themen nutzen wir bisher schon die Möglichkeit der Bildung von Arbeitskreisen, wie z.B. bei der Erstellung des Strategiepapieres und der Neuregelung des Arbeitsdienstes schon geschehen. Ziel unserer gesamten Aktivitäten in dieser Beziehung ist, den für die TSV-Arbeit erforderlichen täglichen Zeitaufwand auf 15 – 20 Minuten zu begrenzen zzgl. durchschnittlich 2 ½ Stunden für die monatliche Vorstandssitzung, die aber nur 11x pro Jahr stattfindet. Das ist, wie ich meine, kein exorbitanter Zeitaufwand und lässt sich bei etwas gutem Willen leisten. Ich spreche hier sowohl die Damen als auch die Herren an.

Überlegt es Euch noch mal. Es steht viel auf dem Spiel und wir brauchen Euch. Ohne Euch geht es nicht. Der TSV geht ansonsten schweren Zeiten entgegen. Wollt Ihr das wirklich?

Auf der JHV habe ich ein bitterböses Gedicht vorgetragen mit dem Inhalt „Ehrenamtliche sind immer die Dummen“. Sorgt Ihr dafür, dass kein neues gedichtet werden muss mit dem Titel „Am Ende waren die Mitglieder die Dummen!

Herzlichst

Euer
„Finanzminister“ Jürgen Vater

PS: Kritik, Autorenschelte, Kandidaten- und Mitarbeitsanmeldung, Anregungen gerne unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!  oder über das Vereinsbüro in der kleinen Sporthalle Oversand 2.